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MS-Tag 2025 – Perspektiven für sport-/bewegungstherapeutische Angebote

Am 30. Mai ist Welt Multiple Sklerose Tag. Ein Tag, der uns alle dazu aufruft, das Bewusstsein für Multiple Sklerose (MS) zu schärfen, einer chronisch-entzündlichen Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die weltweit Millionen Menschen betrifft. Das Motto für 2025, „Mein Leben. Meine MS. Mein Kurs.“, unterstreicht die Individualität jedes Einzelnen im Umgang mit der Erkrankung und die Notwendigkeit, eigene Wege und Strategien zu finden.

Die Bedeutung von regelmäßiger Bewegung und körperlichem Training für die Lebensqualität, und Funktionsfähigkeit im Sinne der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) für Personen mit MS sind heutzutage unumstritten. In den letzten 25 Jahren wurde hierzu national wie international umfassend geforscht, sodass sport-/bewegungstherapeutische Angebote eine wesentliche Säule neben medikamentösen wie weiteren nicht-medikamentösen Therapieansätzen darstellen. Für viele Personen mit MS ist aber der Zugang zu qualitätsgesicherten, sport-/bewegungstherapeutische Leistungen im ambulanten Setting außerhalb der medizinischen Rehabilitation gemäß § 15 SGB VI wie Nachsorge gemäß § 17 SGB VI nicht immer gegeben, sodass schon seit gut 25 Jahre auch die Möglichkeiten der telemedizinischen Betreuung erforscht werden.

Das vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geförderte Projekt ZielBewegung, welches eine umfassende Bestandsaufnahme zur körperlichen Aktivität verschiedener Zielgruppen in Deutschland aufstellte, zeigt eindeutig, dass gerade Personen mit chronischen Erkrankungen eine geringere körperliche Aktivität aufweisen und das Potential von Bewegung und körperlichem Training in der Krankenversorgung unzureichend genutzt wird.

Telemedizinische Sport-/Bewegungstherapie für Personen mit MS

Daher wollten wir an diesem heutigen Tage auf eine kürzlich veröffentlichte Studie zur telemedizinischen Umsetzung eine sporttherapeutische Intervention aufmerksam machen. Die Studie mit dem Titel “ Internet-based exercise and physical activity promotion for persons with multiple sclerosis: a randomized controlled trial“ untersuchte die Wirksamkeit einer teletherapeutischen Intervention bei Personen mit MS insbesondere auf das Bewegungsverhalten, die Förderung bewegungsbezogener Gesundheitskompetenz, sowie Symptomatik und Lebensqualität. Die Studie zeigte, dass eine derartige telemedizinische Intervention eine sichere wie wirkungsvolle Interventionsoption ist und die Potentiale von Digitalisierung genutzt werden können, um eine qualitätsgesicherte wie biopsychosozial ausgerichtete bewegungsbezogene Versorgung im ambulanten Setting für Personen mit einer chronischen Erkrankung zu ermöglichen.

Zur Studie: https://bmcsportsscimedrehabil.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13102-025-01146-x

AmRe-LoCo: Ein weiteres Beispiel mit DVGS-Beteiligung

Dass telemedizinische Ansätze und bewegungstherapeutische Interventionen auch bei anderen komplexen Krankheitsbildern erfolgreich sein können, zeigt auch das Projekt AmRe-LoCo (http://amreloco.de/). Hier ist der Deutsche Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e.V. ein wichtiger Partner und arbeitet eng mit dem Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen (ZTM – https://www.ztm.de/) zusammen. Gefördert wird das Projekt vom Hessischen Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege.

Im Projekt AmRe-LoCo werden Personen mit Long-/Post-COVID in einem multimodalen Ansatz im ambulanten Setting betreut. Ein zentrales Element ist hier die bewegungstherapeutische Betreuung. Diese zielt nicht nur auf die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit ab, sondern auch auf die Förderung bewegungsbezogener Gesundheitskompetenz. Es geht darum, die Teilnehmenden zu befähigen, Bewegung als festen Bestandteil ihrer Krankheitsbewältigung zu verstehen und umzusetzen und sie in weiterführende Strukturen zu überführen, um einen langfristig körperlich aktiven Lebensstil aufzubauen. Das Projekt befindet sich gerade in der Umsetzung der Interventionsphase.

Potential telemedizinischer Ansätze

Die genannten Beispiele zeigen das Potenzial telemedizinischer Lösungen im Gesundheitswesen, insbesondere in der sport-/bewegungstherapeutischen Betreuung von Personen mit einer chronischen Erkrankung. Um dieses Potenzial jedoch flächendeckend und nachhaltig nutzen zu können, bedarf es der Untersuchung entsprechender Rahmenbedingungen im Gesundheitssystem.

Diese müssten auch außerhalb der spezifischen Kontexte der medizinischen Rehabilitation gemäß § 15 SGB VI und der Nachsorge gemäß § 17 SGB VI geschaffen werden. Es braucht eine Verankerung solcher innovativen Versorgungsformen in der Versorgungslandschaft, um eine breite Zugänglichkeit zur qualitätsgesicherten telemedizinischen sport-/bewegungstherapeutischen Angeboten zu ermöglichen.

Der Welt MS-Tag 2025 erinnert uns daran, dass Menschen mit MS ihren eigenen Kurs im Leben finden müssen. Die Digitalisierung und telemedizinische Angebote, insbesondere im Bereich der Sport-/Bewegungstherapie, können dabei wertvolle Navigationshilfen sein.

Autor: Dr. Rene Streber

Kontakt: rene.streber@dvgs.de