Projekte

ImPuls

Starke Psyche durch Motivation und Bewegung
Therapie Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) Laufend

In Deutschland leidet rund ein Viertel der Bevölkerung jährlich an psychischen Erkrankungen, darunter Angststörungen, Depression und Schlafstörungen. Die Behandlungskosten lagen 2015 bei über 44 Milliarden Euro, hinzu kommen wirtschaftliche Verluste durch Produktivitätseinbußen und Arbeitsausfälle.

Sport-/Bewegungstherapie gilt als effektive und kosteneffiziente Therapieform, ist aber bislang kaum systematisch im ambulanten Versorgungskontext verankert. Das Projekt ImPuls will das ändern: Es kombiniert ausdauerorientierte körperliche Aktivitäten mit verhaltensbezogener Bewegungstherapie in betreuten Kleingruppen, welche von einem qualifizierten Sport-/Bewegungstherapeut geleitet werden. Eine begleitende App und Telefonkontakte sollen den langfristigen Transfer in den Alltag sichern.

In einer pragmatischen  randomisiert-kontrollierten Studien mit 344 Teilnehmenden wurde die Wirksamkeit, Kosteneffektivität und Umsetzung des Programms an zehn qualitätsgesicherten Therapieeinrichtungen untersucht. Das Projekt lief über 46 Monate und wird mit rund 3 Millionen Euro gefördert.

Leitung

Eberhard Karls Universität Tübingen
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Institut für Sportwissenschaft
Arbeitsbereich Bildungs- und Gesundheitsforschung im Sport
Dr. Sebastian Wolf (vormals)
Prof. Dr. Gorden Sudeck (ab 2024)
Gartenstraße 19
72074 Tübingen
Deutschland

Partner

Konsortialpartner
1 AOK Baden-Württemberg
2 Deutscher Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e. V.
3 Techniker Krankenkasse
4 Technische Universität München

Rolle des DVGS e.V. im Projekt

Der Deutsche Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e.V. war Konsortialpartner des Innovationsfondsprojekts. In dieser Rolle hat der Fachverband eine Vielzahl an Rollen übernommen.

1 Rekrutierung und Qualitätssicherung
Zunächst übernahm der DVGS die Aufgabe, Leistungserbringerzentren zu kontaktieren, deren Strukturvoraussetzungen in Gänze und Anbieterqualifikationen im Speziellen zu sichten, und die Zentren schlussendlich für die Teilnahme im Projekt zu gewinnen.

2 Anbieterqualifikation und Qualifizierung
Zur Herstellung einer hohen Strukturqualität wurden im Sinne der Qualitätssicherung durch den DVGS erstens eine hohe Anforderung an die Anbieterqualifikationen gestellt und zweitens mit dem Angebot zusätzlicher Schulungsmaßnahmen (therapeutische Zusatzqualifikation; u.a. Grundlagen Psychiatrie, Psychosomatik, Sucht sowie Bewegungsbezogene Gesundheitskompetenz) ein einheitliches Qualifikationslevel sichergestellt.

3 Realisierung und Implementation
Für die Abrechnung der gesundheitlichen Versorgungsleistungen im Projekt (also der Vergütung der Leistungserbringenden für die Durchführung der sport-/bewegungstherapeutischen Intervention) wurde eine vertragliche Grundlage zwischen dem DVGS und den jeweiligen Zentren geschaffen. Aufgrund dieser Vertragsgrundlage wurden über den Zeitraum der Interventionsdurchführung die bereits genannten Versorgungsleistungen über den DVGS abgerechnet (Rechnungsstellung des jeweiligen Zentrums, leistungsbezogen, an den Konsortialpartner DVGS e. V.).

4 Dissemination und Empfehlung für die Versorgung
Parallel erhielt der DVGS e. V. vom Förderer (Gemeinsamer Bundesausschuss) den Auftrag, Empfehlungen für die Regelversorgung mit einem Kreis aus internen und externen Stakeholdern (Konsensworkshops) zu erarbeiten. Zu den genannten Stakeholdern, welche über den DVGS e. V. kontaktiert und rekrutiert wurden, zählten sowohl Fachverbände anderer Disziplinen (Psychosomatik, Psychotherapie) als auch Vertreter*innen der Leistungserbringer-Zentren als auch Vertreter*innen der Leistungsträger (gesetzliche Krankenkassen, die in ImPuls vertreten waren).

Fördergeber und Förderprogramm

Fördergeber: Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)
Programm: Neue Versorgungsformen – Themenoffen
Förderkennzeichen: 01NVF19022
Laufzeit: 09/2020 – 06/2024
Web: externer Link

Einordnung

Die Sport-/Bewegungstherapie ist in der medizinischen Rehabilitation sowie in stationär-klinischen Versorgungskontexten von psychosomatischen und psychiatrischen Erkrankungen bereits stark verankert. Gründe sind zum Einen die vorliegende Evidenz zum Wirkungs- und Sicherheitsprofil sport-/bewegungstherapeutischer Versorgungsangebote für Personen mit psychischen Erkrankungen sowie das geschaffene Qualifikationsangebot für Bewegungsfachkräfte.

Die Erkenntnisse aus diesem Projekt zeigen die Potentiale für eine weitergehende Etablierung von qualitätsgesicherten sport-/bewegungstherapeutischen Versorugugnsangeboten als ergänzende oder alternative Therapieoption in der ambulanten Primärversorgung oder auch in der ambulanten Rehabilitationsnachsorge auf. Insbesondere für diesen (Versorgungs-)Bereich ist eine Implementierungslücke zu konstatieren.

Für die Versorgungsforschung und Versorgungspraxis sollen zwei wesentliche Implikationen herausgegriffen werden:

Mehrdimensionale Betrachtung von Bewegung für psychische Gesundheit unerlässlich: Die reine Fokussierung auf physiologische Parameter (wie Energieverbrauch) bzw. den Gesundheitsnutzen von gesundheitsförderlicher körperlicher Aktivität greift gerade im Kontext der Versorgung von Personen mit psychischen bzw. psychosmatischen Erkrankungen zu kurz. Gerade im Sinne der biopsychosozialen Wirkungen und der Nachhaltigkeit des Versorgungsangebot sind sowohl  personale (z.B. Vorerfahrungen, Präferenzen) und kontextuelle Faktoren (z.B. soziales Umfeld) in Forschung und Versorgungspraxis systematisch zu berücksichtigen und zu integrieren.

Die wirksame Gestaltung sport-/bewegungstherapeutischer Angebote erfordert ein suffizientes Maß an Individualisierung, insbesondere für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Dies stellt spezifische Anforderungen an die Kompetenzen der Fachkräfte und die methodisch-didaktische Ausrichtung der Versorungsangebote, um auf individuelle Bedürfnisse, Erfahrungen und das richtige Maß an Selbstbestimmung eingehen zu können und nachhaltige Wirkungen zur (bewegungsbezogenen) Gesundheitskompetenz und der biopsychosozialen Effekte zu erzielen.

 

Verweise und Downloads

Ergebnisse der randomisert, kontrollierten Studien wurden im The Lancet Psychiatry publiziert: https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(24)00069-5/fulltext

Baldus (2024). Bewegungsbezogene Versorgung in der Psychiatrie und Psychosomatik. B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2024; 40(06): 267-269 DOI: 10.1055/a-2427-2608

B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport Ausgabe 6 / 2024. Sport-/Bewegungstherapie in der Psychsomatik