2025 | 02 Definition Sport-/Bewegungstherapie 2.0

Wissenschaft
Bewegungstherapie 2.0 – Vier Axiome zur Begründung – Gerhard Huber
Exercise is medicine – Maximilian Köppel
Bewegungstherapie und Leitlinien – Gerhard Huber, Maximilian Köppel, Stefan Peters
Vom Erkenntnisgewinn zur qualitätsgesicherten, bewegungsbezogenen Versorgung: die Rolle des zuständigen Fachverbandes DVGS – Rene Streber, Stefan Peters, Maximilian Köppel, Gerhard Huber
Definition
Definition Sport- und Bewegungstherapie – DVGS e. V.
Praxis
Bewegungsbezogene Versorgungsbereiche im Gesundheitswesen – Angelika Baldus
Strukturqualität von ambulanten und stationären medizinischen Rehabilitationseinrichtungen: Strukturmerkmale der personellen Anforderungen für den Bereich Sport-/Bewegungstherapie – Angelika Baldus, Maximilian Köppel, Stefan Peters, Janik Scheer, Tilo Späth, Martin Steinau
Digitale Formen der bewegungsbezogenen Versorgung im Gesundheitswesen – ein Überblick – Rene Streber, Angelika Baldus
Digitale Gesundheitsplattform „Mein FPZ“: hybride Lösungsansätze zur Steigerung der Adhärenz – Frank Schifferdecker-Hoch
Motive für die Mitgliedschaft beim DVGS e. V. – Janik Scheer, Rene Streber
Der DVGS und seine Dienstleistungen – Rene Streber, Janik Scheer
Editorial
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir bezahlten mit Mark und Pfennig, Internet war Science Fiction, die Mauer war noch nicht gefallen und Ende November 1985 war das kleine Städtchen im Allgäu tief verschneit. Damals trafen sich im Isny Neutrauchburg ca. 20 Sporttherapeuten des Deutschen Sporttherapeutenbundes zu einem konstituierenden Treffen der klinischen Sporttherapeuten. Ein bleibendes Ergebnis dieses Treffens ist die dort formulierte und lange Zeit genutzte Definition des Begriffs Sporttherapie. Wir konnten auf einige Vorüberlegungen der Kollegen der Sporthochschule Köln zurückgreifen und nach einer Diskussion von zwei Stunden hatten wir eine für alle zufriedenstellende Formulierung erstellt. Wir haben versucht, dafür eine Verbindung von Wissenschaft und Anwendungsperspektive als Basis zu nutzen. Aber die Rehabilitationswissenschaft war gerade erst zaghaft am Entstehen, die Sportwissenschaft war eher damit beschäftigt untersuchen, was der Mensch sportlich leisten kann, während wir daran interessiert waren, was der Sport für die Menschen und insbesondere für die kranken Menschen zu leisten vermag. Das Wort Evidenz kannten wir noch nicht und so bot nur die Sportmedizin zumindest eine kleine Orientierung. Die Expertise der Anwender in den Kliniken war dagegen viel stärker ausgeprägt und hat somit starken Einfluss auf die praxisorientierte Definition.
Trotz der nahezu unglaublichen Veränderungen der letzten 40 Jahre in der Medizin, der ebenso unglaublichen wissenschaftlichen Durchdringung der Bewegungstherapie und der kommunikativen Power des Internets haben wir diesmal sehr lange gebraucht, um für dieses nun völlig veränderten Szenario ein neue Definition vorzuschlagen. Neben der Anwenderperspektive und der wissenschaftlichen Perspektive kam eine neue Dimension dazu. Die Integration der Bewegungstherapie in das System der medizinischen Versorgung erweist sich auch heute noch als, vorsichtig ausgedrückt, schwierig. Es war deshalb notwendig, dieses Versorgungssystem besser zu verstehen, um kreativ und elastisch die weitere Etablierung der Bewegungstherapie voran zu treiben. Dabei ist es immer wieder überraschend, wie hartnäckig auch heute noch Kostenträger und Gesundheitspolitik Evidenz ignorieren und eine bewegungstherapeutische Unterversorgung als Normalzustand betrachten und tolerieren.
Definitionen sind nicht mit den Kategorien wahr oder falsch zu bewerten. Der Wert einer Definition liegt im Grad der Nützlichkeit. Diese Nützlichkeit ergibt sich erst dann, wenn es damit gelingt, diese Intervention eindeutig zu identifizieren, zu bezeichnen und zu beschreiben, darüber zu kommunizieren und vor allem, sie von anderen Interventionen und deren Bezeichnung zu unterscheiden.
Ob dies gelingt, hängt vor allem von ihnen ab, denen, die in diesem Bereich täglich arbeiten. Denn bei aller Komplexität ist es doch relativ einfach: „Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache“ sagt dazu der Philosoph Ludwig Wittgenstein (PU § 43).
Diese Definition steht für eine komplexe und vielschichtige Therapieform, unter deren Dach sich ein komplexes Bündel von Indikationen, Interventionen, Wirkmechanismen und Therapieziele findet. Die Beiträge in diesem Heft belegen dies ganz gut und damit auch unsere Arbeit in den letzten Jahren.
Sie begründen auch, warum wir diesmal fast drei Jahre für eine konsensuale Definition gebraucht haben.
Viel Spaß bei der Lektüre wünscht
Gerhard Huber