2023 | 01 Bewegung und Gesundheit
Wissenschaft
Was ist Gesundheit? — Mehrdimensionale Betrachtungen zu einem komplexen Phänomen – Georg Wydra
Dauer vs. Intensität in der Trainingstherapie – Frank Schifferdecker-Hoch, Michael Hollmann, Catharina Kern, Annika Breitkopf, Ingrid Nolting
Vergleich der motorischen Leistungsfähigkeit von Kindern aus einem Sportkindergarten und Kindern aus einem Kindergarten ohne Bewegungsförderung mit dem MOT 4–6 – Andrea Dincher
Journal Club
Vergleich der Wirksamkeit von Bewegung und Antidepressiva bei leichter bis moderater Depression: eine Netzwerk-Meta-Analyse – Maximilian Köppel
Praxis
Rückkehr in den Sport nach Verletzungen der ischiocruralen Muskulatur im Fußball
Christiane Wilke, Tim Insberg, Rebecca Abel, Daria Schoser, Ingo Froböse, Giordano Scinicarelli
Editorial
„Die Zeit eilt – wir eilen mit“ (Wilhelm Busch)
Dies gilt insbesondere für die rapiden Veränderungen im Gesundheitswesen. Der DVGS hat die letzten 40 Jahre diese Entwicklung erfolgreich begleitet und aktiv mitgestaltet. Von einem „kleinen Pflänzlein“ zu Beginn der 1980er-Jahre hat er sich zu einem wichtigen Player in der gesundheitspolitischen Landschaft entwickelt. Parallel zum Boom der gesundheitssportlichen Studiengänge an deutschen Hochschulen erweiterte sich auch das Aufgabenspektrum des DVGS dynamisch.
Als aktiver Fachverband vertritt er das Spektrum des Gesundheitssports und der Sport-/Bewegungstherapie in Deutschland. Gegenüber der Politik gilt es, Qualitätsstandards im Bewegungsbereich durchzusetzen und Abrechnungsmöglichkeiten zu ermöglichen. Damit einher geht die Sicherung von Qualifikationsstandards in verschiedenen bewegungsbezogenen Gesundheitsdomänen (u. a. Neurologie; Herz-Kreislauf) oder auch mit Bezug zu spezifischen Settings (u. a. Betriebliche Gesundheitsförderung).
Auch im Hinblick auf die Gestaltung von gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen für die bewegungsbezogene Gesundheitsförderung ist der DVGS ein wichtiger Partner. In verschiedenen Prozessen der rechtlichen Gestaltung der Gesundheitspolitik ist der DVGS inzwischen eine der anhörungsberechtigten Institutionen und kann dabei Einfluss auf die Gestaltung nehmen.
In all den Jahren ist es dem DVGS wichtig geblieben, den engen Kontakt zu den Universitäten mit gesundheitssportlichen Ausbildungen und vor allem mit der Kommission Gesundheit der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) zu pflegen. In vielen Feldern, z. B. Durchsetzung von Ausbildungsstandards oder auch Gestaltung von Leitfäden in der Prävention sowie bei Kongressen, arbeiten wir eng zusammen.
Die wichtige gesundheitspolitische Scharnierfunktion des DVGS wird in den jährlichen gemeinsamen Tagungen des DVGS mit den Vertreterinnen der Hochschulen deutlich. Hier informiert der Hauptamtliche DVGS-Vorstand Angelika Baldus in unnachahmlicher Manier über die aktuellen gesundheitspolitischen Entwicklungen im Feld des Gesundheitssports und der Sporttherapie. Im Stile der „Fantastischen Vier“ ergießt sich ein Informationsgewitter mit „HNO, EKG und AOK …“ über die staunenden Vertreterinnen der Hochschulen. Die dynamische Entwicklung der Gesundheitspolitik wird dabei noch getoppt durch die Dynamik und Kompetenz von Angelika Baldus.
Die Dynamik des Feldes wird auch in Zukunft erhalten bleiben – auch stark getrieben durch sportwissenschaftliche Forschung im Themenfeld Gesundheit. Es vergeht kein Tag, an dem nicht neue Aspekte im Hinblick auf die Evidenz von Sport auf unterschiedlichste Aspekte der körperlichen oder psychosozialen Gesundheit publiziert werden. Ganz aktuell stehen dabei ganz stark die präventiven und therapeutischen Wirkungen auf Covid-19 Erkrankungen im Fokus.
Diese „Poly-Pill Bewegung“ weckt viele Erwartungen sowohl auf der Ebene der Handelnden im gesundheitspolitischen System als auch bei Patientinnen der unterschiedlichsten Krankheitsbilder. Bewegung soll nicht nur gesundheitliche Risiken bekämpfen, sondern auch bio-psycho-soziale Ressourcen fördern. Droht am Ende gar ein nicht wirklich einzulösendes „Heil“-Versprechen? Eine wichtige Aufgabe einer gesundheitsorientierten Sportwissenschaft ist es daher, die Potenziale von Bewegung im Hinblick Gesundheit zu heben – aber auch zu relativieren – und die zugrunde liegenden Mechanismen zu identifizieren. Gleichsam ist es erforderlich, dabei auch mögliche „Nebenwirkungen“ im Blick zu haben. Die Rolle der Sportwissenschaft im Feld der „interdisziplinären bewegungsbezogenen Gesundheitsforschung“ gilt es daher immer wieder kritisch zu justieren.
Für den DVGS ist es eine wichtige Herausforderung, auch in Zukunft die damit einhergehenden gesundheitspolitischen Entwicklungen aktiv zu begleiten und zu gestalten.
Der DVGS muss angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Komplexität und der daraus gestiegenen Anforderungen überlegen, wie er sich als Institution positioniert. Welche Ziele will man verfolgen, welche Zielgruppen ansprechen, wie müssen die Angebote und Organisationsstrukturen der Organisation entwickelt werden – dies sind zentrale Fragestellungen. Der DVGS wird sich diesen Themen stellen, und mir ist nicht bange. Ich bin zuversichtlich und wünsche es dem DVGS, dass es gelingen wird, sich für die Zukunft gut aufzustellen. Getreu dem Motto des Philosophen Ortega y Gasset: „Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern das Weitertragen der Flamme.“ Gerade in der aktuellen Zeit der sich überlappenden Krisen sind kreative Lösungen notwendig.
Ich bin zuversichtlich, dass die innovativen Köpfe des DVGS die durch die Krisen ausgelösten Probleme lösen werden. Ich wünsche dem DVGS alles Gute für die Zukunft und freue mich auf die Zusammenarbeit in diesen bewegten Zeiten.
Für den Sprecherrat der dvs Kommission Gesundheit
Prof. Dr. Alexander Woll