B&G2023, Fachzeitschrift

2023 | 03 Prähabilitation

Wissenschaft

Bewegungsbasierte Prähabilitation vor elektiven Eingriffen am Herzen: ein Überblick – Carolin Steinmetz, Birna Bjarnason-Wehrens, Katja Roth, Claudia Walther, Monika Sadlonova, Christine A. F. von Arnim, Thomas Schmidt

Zur Wirkung des Dehnungstrainings als Verletzungsprophylaxe – Eine Analyse unter besonderer Berücksichtigung des Verletzungsrisikos bei verschiedenen sportlichen Aktivitäten – Andreas Klee, Georg Wydra

Journal Club

Prähabilitatives körperliches Training könnte die Wirksamkeit einer neoadjuvanten Chemotherapie bei Speiseröhrenkrebs verdoppeln – Maximilian Köppel

Praxis

Prähabilitative Bewegungstherapie bei Mammakarzinom – Bedeutung der Sport- und Bewegungstherapie vor der Operation – Julia Neudecker, Jana Asselborn, Joshua Behrens, Lars Jauernig, Freerk T. Baumann

Digital-analog hybride Prähabilitation in der Onkologie – Jean-Luc Paratte, Florian Herrle, Cristoph Reißfelder, Joachim Wiskemann

Praktische Empfehlungen zur medizinischen Trainingstherapie in der Onkologie – Rainer Glöckl

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

die bewegungswissenschaftliche und -epidemiologische Forschung der vergangenen Jahrzehnte hat zeigen können, dass es de facto nie zu spät ist, körperliche Aktivität in den Alltag zu integrieren und mit einem strukturierten und bedarfsgerechten Training zu beginnen. Dass es aber auch kaum zu früh ist, in Bewegung zu kommen, illustriert das Thema Prähabilitation ganz deutlich, dem diese Ausgabe von Bewegungstherapie und Gesundheitssport gewidmet ist. Prähabilitation ist ein Kunstwort, welches das Vorhaben beschreibt, Patienten für eine geplante medizinische Therapie, meist eine Operation, vorzubereiten. Die Rationale dahinter ist, dass der mittels Trainings erhöhte Funktionszustand der Patienten dem zu erwarteten funktionellen Einbruch durch die medizinische Therapie entgegengewirkt, Komplikationen verhindert und eine schnellere Rekonvaleszenz ermöglicht werden kann.

Im Auftaktbeitrag dieser Ausgabe gehen wir auf diese spannende Idee mit einem besonderen Fokus auf die Onkologie ein, der sich in den Artikeln von Neudecker sowie Paratte abbildet. Neudecker und Kollegen stellen in einem narrativen Review die Potenziale der bewegungstherapeutischen Prähabilitation für Brustkrebspatientinnen dar. In diesem Zuge präsentieren die Autoren auch die geplante PräMaCa-Studie, in welcher die Wirksamkeit einer prähabilitativen Intervention parallel zur neoadjuvanten Chemotherapie auf den weiteren Genesungsprozess evaluiert wird. Welcher enorme Einfluss im Einsatz von Bewegung während der Neoadjuvanz, hier bei Patienten mit Speiseröhrenkarzinomen, liegen kann, ist auch Gegenstand des Journal Clubs dieser Ausgabe. Durch die Covid-19-Pandemie war die Bewegungstherapie dazu gezwungen, digitale Angebote für Patienten zu etablieren. Auch im Bereich der onkologischen Prähabilitation kam dies zur Umsetzung, wie im Beitrag von Paratte und Kollege zu lesen ist. Neben onkologischen Themen liegt mit der Arbeit von Steinmetz et al. auch ein Beitrag aus der Kardiologie vor. Die Autoren präsentieren ein Review zur Wirksamkeit prähabilitativen Trainings vor Operationen am Herzen und wie ein strukturiertes Training die Komplikationswahrscheinlichkeit und Hospitalisierungsdauer der Patienten reduzieren vermag. Trotz der vielversprechenden Potenziale der Bewegung, Patienten für eine medizinische Therapie vorzubereiten, zeigen die Beiträge unisono einige Grenzen der Prähabilitation, insbesondere in der praktischen Umsetzung auf. Zunächst stellt es eine große motivationale Herausforderung für die Betroffenen dar, in der psychisch sehr belastenden Zeit zwischen Diagnose und Operation, die charakterisiert ist von unzähligen Arztbesuchen, sich unmittelbar und regelmäßig in entsprechende Programme integrieren zu lassen. Darüber hinaus ist die Prähabilitation noch längst nicht in der Regelversorgung angekommen, weswegen bislang nur Menschen davon profitieren, die das Glück haben, in einer entsprechenden Studie rekrutiert worden zu sein. Die eindrucksvollen ersten Daten und zunehmende Evidenz werden unseres Erachtens dafür sorgen, dass in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft möglichst viele Patienten Zugang zu prähabilitativen Versorgungsangeboten haben, wie dies bei Prostatakrebspatienten zur Reduktion des Harninkontinenzrisikos aktuell mehr und mehr der Fall ist.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen,

Maximilian Köppel und Freerk Baumann