2025 | 04 Bewegung und Gesundheit

Wissenschaft
Körperliche Aktivität im Büroalltag: eine systematische Übersichtsarbeit zur Wirksamkeit von Trainingsinterventionen am Arbeitsplatz auf das muskuloskelettale Schmerzempfinden von Büroangestellten – Constantin Hipp, Martin Boss
Übergewicht behandeln mit Diät und Waage? Ein Kommentar zum Stellenwert von differenzierter Diagnostik und körperlichem Training in der Prävention und Therapie von Adipositas – Lukas P. Leibfried
Kontrolle impulsiven Verhaltens – Evaluation einer kampfkunstbasierten Intervention in der Behandlung Abhängigkeitserkrankter – Herrmann Ludwig, Michael Zerr
Praxis
Standardisierung ausgewählter Funktionstests der unteren Extremitäten – Christiane Wilke, Kathrin Schmidt, Giordano Scinicarelli, Daria Schoser, Rebecca Abel
Hilfsmittelversorgung für den Sport aus Sicht des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) – Benedikt Ewald, Kerstin Aschenbroich
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
in einer Zeit, in der nicht übertragbare Erkrankungen – wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2 oder onkologische Leiden – unser Gesundheitssystem vor wachsende Herausforderungen stellen, rückt die Bedeutung präventiver und therapieunterstützender Maßnahmen unaufhörlich in den Fokus. Dabei nimmt die Sport- und Bewegungstherapie eine Schlüsselrolle ein: als evidenzbasierte, nachhaltige und kosteneffiziente Intervention zur Förderung von Gesundheit, Lebensqualität und gesellschaftlicher Teilhabe.
Zahlreiche Studien belegen mittlerweile eindrucksvoll, was in der Praxis längst gelebt wird: Regelmäßige körperliche Aktivität kann Krankheitsrisiken senken, den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen und die Genesung unterstützen – sowohl im somatischen als auch im psychischen Bereich. Bewegung ist Medizin – individuell dosiert, professionell begleitet und langfristig integriert.
Die Sport- und Bewegungstherapie versteht sich dabei nicht als bloßes Trainingsprogramm, sondern als ganzheitlicher Ansatz. Sie verbindet trainingswissenschaftliche Prinzipien mit individualisierter therapeutischer Zielsetzung, motiviert zur aktiven Lebensgestaltung und unterstützt Menschen dabei, ihre körperlichen, funktionalen und emotionalen Ressourcen (wieder) zu entdecken – unabhängig von Alter, Vorerkrankung oder Lebenssituation. Besonders im Umgang mit chronischen Erkrankungen, funktionellen Einschränkungen und psychischen Belastungen hat sich Bewegung als zentrale, nicht-medikamentöse Therapieform etabliert.
Gerade im interdisziplinären Zusammenspiel zwischen Medizin, Therapie, Pflege und Prävention entfaltet die Sport- und Bewegungstherapie ihr volles Potenzial. Sie trägt dazu bei, Gesundheitskompetenz aufzubauen, chronische Krankheitsverläufe zu stabilisieren und Patient*innen in ihrer Eigenverantwortung zu stärken. Gleichzeitig unterstützt sie den Paradigmenwechsel hin zu einem Gesundheitssystem, das nicht nur Defizite verwaltet, sondern Ressourcen aktiviert, Verhalten stärkt und die Lebensqualität in den Mittelpunkt rückt.
Ein Blick in die aktuelle Ausgabe dieser B&G verdeutlicht die thematische Breite und Tiefe: Von systematischen Reviews zur körperlichen Aktivität im Büroalltag (Hipp und Kollegen) über praxisnahe Konzepte der Hilfsmittelversorgung (Aschenbroich und Kollegen) bis hin zu Fragen der Diagnostik (Leibfried und Kollegen) und der Standardisierung funktioneller Tests (Wilke und Kollegen) sowie der Evaluation einer kampfkunstbasierten Intervention in der Behandlung Abhängigkeitserkrankter (Ludwig und Kollegen) und der Qualitätsentwicklung in bewegungstherapeutischen Settings (Ungerer-Röhrich) – all diese Beiträge unterstreichen die fachliche Relevanz und den interdisziplinären Anspruch des Feldes. Sie spiegeln wider, wie vielfältig die Bewegungstherapie als Instrument der Gesundheitsförderung verstanden und weiterentwickelt werden kann.
Dabei wird deutlich: Bewegung ist nicht nur Mittel zum Zweck, sondern auch kulturelle, soziale und emotionale Ausdrucksform. Sie schafft Räume für Begegnung, Teilhabe und Selbstwirksamkeit – sei es im Rahmen therapeutischer Gruppen, präventiver Programme oder alltagsintegrierter Bewegungsförderung.
Die Herausforderung besteht nun darin, diese Potenziale langfristig und strukturell zu verankern: in Bildung und Gesundheitsversorgung ebenso wie in Forschung und politischer Steuerung. Dieser stellen wir uns und möchten mit dieser Ausgabe weiter dazu beitragen, den Wert sport- und bewegungstherapeutischer Konzepte sichtbarer zu machen – als integralen Bestandteil moderner Gesundheitsförderung und als Ausdruck eines gesundheitskompetenten, menschenzentrierten Handelns.
Ich wünsche Ihnen beim Lesen dieser Ausgabe viele interessante Momente!
Mit sportlichen Grüßen,
Univ.-Prof. Dr. Freerk T. Baumann